Sandkolik – Wieso Sand für deinen Hund gefährlich sein kann
Alles fing mit einem schönen Strandspaziergang an der Ostsee an.
Es war wenig los, so dass Loriot und Wilma nach Herzenslust über den Strand laufen konnten.
Wir fanden im Wasser einen Ball. Loriot liebt Bälle und bekommt diese sehr selten. Wenn er einen Ball hat wird er wie ein dreijähriger Hund. Wer erfreut sich nicht über diesen Anblick? Der alte Hund, der sich seines Lebens freut, mit seinem neuen Spielzeug durch die Gegend rennt (so gut es für ihn eben geht) und einfach nur glücklich ist.
Insgesamt waren wir eine Stunde am Strand spazieren. Keine weite Strecke, vielleicht 2 km, da wir mit Loriot nicht besonders schnell unterwegs sind. Den Ball haben wir Anfangs ca. viermal geworfen. Den Rest der Zeit hat er ihn getragen, fallen gelassen, wieder aufgehoben, weiter getragen… Wenn er etwas tragen darf, macht er das eben sehr zuverlässig.
Zu Hause angekommen (ca. 17 Uhr) haben sich die Hunde hingelegt und geschlafen.
Gegen 21 Uhr wurde Loriot unruhig. Wir haben versucht herauszufinden, was er hat. Normalerweise wird er nach der letzten Abend-Pipi Runde gefüttert. Dies ist meist zwischen 22 und 23 Uhr. Da er neuerdings abends gerne schon früher als üblich Hunger hat, haben wir ihm eine kleine Portion gegeben, in der Hoffnung, das es die Lösung für seine Unruhe ist. Doch er wurde danach nicht entspannter. Kuscheln brachte kurzzeitig Erfolg. Im Garten erledigte er dann zwei Geschäfte, das zweite war schon ziemlich weich. Die Unruhe hielt an. Wir gingen nochmal eine kurze Runde mit ihm raus und legten uns dann ins Bett.
Loriot kam nicht zur Ruhe. Er legte sich zwar hin, schleckte an seinen Pfoten und knabberte an seinen Beinen. Gegen 00:30 Uhr übergab er sich zweimal – sein Futter. Eine Stunde später zwei weitere Male. Gegen 4:00 Uhr machte er sich wieder lautstark bemerkbar und wollte in den Garten. Dort legte er sich auf die Wiese. Stand immer wieder auf und streckte sich. Nach 20 Minuten nahm ich ihn wieder rein. Das gleiche wiederholte sich gegen 6:00 Uhr.
Den Vormittag über ging es ihm immer schlechter. Fressen wollte er nichts mehr, nicht mal ein Stück Käse. Für Loriot sehr merkwürdig… Er fing an im Brustbereich zu zittern. Legte sich hin, um sich kurz darauf wieder aufzusetzen und zu strecken. Wir entscheiden uns eine Tierklinik aufzusuchen.
Die Tierärztin machte die üblichen Untersuchungen und stellt uns viele Fragen. Ob er Vorerkrankungen hat, ob er im Wasser war, ob er gerne Dinge aufnimmt und einen Fremdkörper in sich haben könnte? Ja, letzteres tut er. Aber am Vortag hat er definitiv nichts Besonderes aufgenommen. Das hätten wir mitbekommen. Er hat ja auch die ganze Zeit den Ball getragen.
Die Tierärztin empfahl uns Röntgenaufnahmen zu machen. Diese zeigten zu unserem Entsetzen: Loriots Magen/Darm war voller Sand.
Sand klumpt bekanntlich und kann dementsprechend einen Darmverschluss zur Folge haben. Unerkannt kann dies zum Tod führen. Bei der Menge an Sand, die er in sich hatte, nicht unwahrscheinlich. Die Tierärztin erklärte uns, dass der Zustand lebensbedrohlich sei, wenn nicht gehandelt wird.
Wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe, kann sich jeder Hundebesitzer bestimmt vorstellen.
Der Behandlungsvorschlag war wie folgt:
Loriot sollte in der Klinik bleiben und Infusionen bekommen, die den Sand weiter wandern lassen sollen. Gegen Abend sollte dann eine weitere Röntgenaufnahme gemacht werden, um zu prüfen, ob der Sand wandert oder nicht. Sollte dies nicht passieren, muss er über Nacht bleiben und wenn am nächsten Tag keine Besserung sichtbar ist, muss operiert werden. Ziemlich schlimm. Ich war fertig mit den Nerven.
Um 17:30 Uhr kam der erlösende Anruf. Der Sand war ein bisschen gewandert und wir durften Loriot abholen. Zwar war der Sand noch nicht komplett durch den Magen-Darmtrakt und wir sollten uns sofort melden, falls sich sein Zustand erneut verschlechtert oder er wieder erbricht. Er bekam noch Schmerztabletten mit und wir durften den alten Herrn mitnehmen. Ein großer Stein fiel uns vom Herzen.
Natürlich habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, wie er so viel Sand aufnehmen konnte. Es gibt eine Studie (DOI 10.2377/0023-2076-65-260 // Kleintierpraxis 65, Heft 05/2020, Seiten 260-269) über die Sandanschoppung im Darm. In dieser wurde u. a. auch untersucht, welche Hunderassen am häufigsten betroffen sind. Kleine Hunderassen (unter 10 kg Körpergewicht) insb. Terrier bilden den größten Anteil der untersuchten Hunde.
Loriot ist mit seinen knapp 35 kg nicht gerade ein kleiner Hund. Gerade deshalb ist es umso erschreckender, dass die kleinen Mengen Sand, die er sehr wahrscheinlich beim Aufheben des Balles in sich beförderte, zu so einer großen Masse führen konnten.
Interessanterweise ist die Sandkolik beim Hund kein weit verbreitetes Thema – in der Pferdewelt ist dies hingegen bekannter. In der Studie wird ebenfalls erwähnt, dass der Großteil der Hunde nicht einheimisch sei. Dementsprechend wissen viel zu wenig Hundehalter über die Sandkolik, mit ihren schwerwiegenden Folgen Bescheid. Dabei verbringen wir mit unseren Hunden häufig Urlaube am Meer (Niederlande, Belgien, Ostsee, Nordsee usw.) und unsere Vierbeiner kommen in Kontakt mit Sand.
Vielleicht erreiche ich mit unserer Geschichte, die zum Glück gut ausgegangen ist, ein paar Menschen und kann Hunde vor dieser unschönen Erfahrung bewahren.
Sobald euer Hund nach einem Strandspaziergang Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Unwohlsein zeigt, zögert bitte nicht und sucht einen Tierarzt auf!